Öko-Philosophie

Ausgabe: 1989 | 2

Skolimowski beginnt seinen Entwurf eines Öko-Humanismus mit der "schwerwiegenden Behauptung", daß unsere umfangreiche Kenntnis der stofflichen Welt auf Kosten menschlicher Werte erworben wurde. Das Ergebnis dieses Prozesses war die Spaltung des Menschen in Körper und Geist, die Trennung von Wissen und Empfinden. Um das Überleben der Menschheit zu sichern, muß das Wissen wieder mit Werten gefüllt werden. "Jede Epoche und jede Gesellschaft hat ihre Wurzeln in fundamentalen Überzeugungen und Voraussetzungen, die für wahr gehalten werden. Deshalb ist eine neue umfassende Philosophie zu entwickeln, damit ein Wandel der "Glaubensregeln" unserer Epoche bewirkt werden kann. Gegenwartskritik setzt demnach bei der Philosophie an und nicht wie so oft bei der scheinbar allmächtigen Technologie. Skolimowski kritisiert zugleich "das Wesen u.v. a. die Konsequenzen des ganzen philosophischen Denksystems einer Epoche". Gegen die "Philosophien der Verzweiflung" (Marxismus und Existentialismus) setzt der Autor eine ”lebensfähige Philosophie ". die den Menschen als einzigartiges Phänomen begreift. Charakteristisch für diese Philosophie der Hoffnung ist, daß sie Leben als ein positives Phänomen begreift. Öko-Philosophie bedeutet aber auch die Verpflichtung gegenüber menschlichen Werten, die Ausrichtung auf Lebensqualität, Spiritualität und Ökologiebewußtheit - um nur einige Merkmale zu nennen. Ein so verstandenes Wertesystem ist umfassend, global, politisch bewußt engagiert sowie um Weisheit bemüht. "Nicht wie wir abstimmen ist politisch ausschlaggebend, sondern wie wir leben. Skolimowskis Konzept mündet schließlich im ökologischen Humanismus als Alternative zur Industriegesellschaft. Als ethische Norm gilt ihm dabei die von Schweitzer postulierte" Ehrfurcht vor dem Leben“.    

Bei aller Scharfsinnigkeit der Ausführungen offenbaren sich dem Leser doch einige Schwächen und Halbheiten. Die Auffassung, daß der Mensch als "glorreiche Krönung" der Schöpfung zu verstehen ist, die durch ihn ihre Fortführung erfährt, läßt sich nur schwer als Grundlage für einen Öko-Humanismus begreifen. Wird hier nicht letztlich doch einer - zuvor kritisierten - egozentrischen und zweckgebundenen Denkweise und einem wenig reflektierten Naturalismus das Wort geredet? (Als ob die Evolution nichts anderes zu tun gehabt hätte, als uns hervorzubringen.) Auch die " Heiligkeit" des Menschen in seiner Verantwortlichkeit für -die Evolution wäre zu konkretisieren.

 

Skolimowski, Henryk: Öko-Philosophie. Entwurf für neue Lebensstrategien. Karlsruhe: C. F. Müller, 1988. 144 S. (Alternative Konzepte; 61)