Neue Formen der Unterdrückung von Frauen

Ausgabe: 1995 | 3

Folgt man Wichterichs Darstellungen, so bewegte sich viel in der Frauenbewegung in den letzten belden Jahrzehnten, aber nicht immer in erfolgversprechender, zukunftsweisende Richtung. Benachteiligungen für Frauen gibt es in jeder Lebenssituation, und treten großräumigere wirtschaftliche oder politische Krisen auf, so sind es die Frauen, die davon am härtesten betroffen sind. Zumeist werden Demütigungen und Unterdrückung mit Tradition und Kultur motiviert. Gesellschaftliche Veränderungen bringen für die Frauen aber zumeist keine Befreiung, sondern neue Formen der Unterdrückung: Durch die Umstrukturierung der Familienverbände geht das relative Maß an Sicherheit verloren, mit verschiedenen Entwicklungsprojekten wird die Arbeit nicht erleichtert, sondern um die industrielle Lohnarbeit aufgestockt, die Technik bringt weniger Hilfe als die Zerstörung der Umwelt, des Bodens, der über Jahrzehnte die Lebensgrundlagen der Frauen und ihrer Familien sichert.

Diese Strukturen müßten zwar aufgebrochen werden, aber offenbar ganz anders als bisher. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre ein verbessertes Bildungsangebot für Frauen, damit bessere Berufschancen und Mitsprachemöglichkeiten in Wirtschaft und Politik. Letztgenannter Aspekt trifft die Frauen weltweit. Um die notwendigen Veränderungen zu ermöglichen, wäre eine neuerliche Bündelung der Fraueninteressen weltweit eminent wichtig. Die Frauen aus Nord und Süd, aus den unterschiedlichen sozialen Schichten, von verschiedenen theoretischen Ansätzen kommend, sollten wieder an einem Strang ziehen. Die Spaltung ist jedoch vielfältig und man kann sich gelegentlich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier die alte männliche Maxime" Divide et impera!" platzgreift. "Die Frauen brauchen mehr Entscheidungs- und Gestaltungsmacht in der Gesellschaft ... Niemand wird es ihnen schenken ... UN-Dokumente können bestenfalls die Rahmenbedingungen dafür verbessern." Und so bleibt wohl noch lange vieles beim alten: Frauen werden zwar von vielen Seiten als Hoffnungsträgerinnen für die Zukunft bezeichnet, aber sie sollen es im Hintergrund sein, ohne daß ihre Arbeit für Familie, Umwelterhaltung etc. auch nur statistisch fürs Bruttosozialprodukt aufscheint.

S Sch.

Wichterich, Christa: Frauen der Welt. Vom Fortschritt der Ungleichheit. Göttingen: Lamuv Verl., 7995. 240 5., DM/sFr 29,80/ ÖS232,50

Zu diesem Thema auch: Hanak, Ilse: Frauen in Afrika: " ... ohne uns geht gar nichts!" Frankfurt/Main: Brandes & Apsel, 1995. 3745., DM/sFr 38,- / ÖS 296,50