MAI - Globalisierte Konzernherrschaft per Abkommen?

Ausgabe: 1998 | 4

Bedeutet der (vorläufige?) Stopp der MAI-Verhandlungen im Rahmen der OECD einen Sieg der Basisbewegungen gegen die Macht der Wirtschaftslobbies? Oder werden diese nur auf andere Ebenen, z. B. in die Welthandelsorganisation (WTO), ausweichen? Dort könnten sich demnächst manche Regierungsvertreter aus dem Süden mit ihrer Industrialisierungseuphorie gemeinsam mit dem - einzigen - EU-Delegierten Sir Leon Brittan gegen machtlose -und transnationalisierungs-kritische Länder verbünden. (Der Alternativ-Nobelpreisträger Martin Khor vom Third World Network in Malaysia zeigt die weitreichenden Konsequenzen auf.) Geschickt wurden die Absichten einer möglichst weitreichenden Liberalisierung der Märkte, eines Absenkens bzw. Einfrierens sozialer, arbeitsrechtlicher und ökologischer Standards und die Aushöhlung nationaler Gesetze, Kontrollmenchanismen und eigenständiger Wirtschaftsstrukturen mit der Forderung nach Investitionsschutz für kleine und mittlere Unternehmen kaschiert. Maria Mies und Claudia von Werlhof, beide deutsche Expertinnen für weltweite politische und ökonomische Strukturen, und der Kanadier Tony Clarke dokumentieren detailliert die mühsame Aufdeckungsarbeit von Basisbewegungen, die in Kanada und den USA begann, weil sich dort ähnliche Mechanismen im Rahmen der NAFTA dramatisch auswirken.

Erst als von ihnen der geheime Vertragsentwurf aus den jahrelangen Geheimverhandlungen der Vertreter von Industriestaaten für Laien nachvollziehbar übersetzt und per Internet auch nach Europa verbreitet wurde, begriffen betroffene Bürger, daß mit dem MAI auch ihre (Widerstands)Rechte-Streiks, Boykotte, gewaltfreie Blockaden ... - eliminiert würden. Im vorauseilenden Gehorsam und aus Angst vor ruinösen Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe (siehe den kanadischen "Ethyl"-Fall) würden erpreßbare Staatsbürokratien sie unter Druck setzen. Ein spezielles Problem ist die EU (wie Claudia Boulboullee schildert), deren Parlament zwar - auf Antrag der Grünen - mit großer Mehrheit ein Moratorium forderte, während die Kommissionen weiter an einem sozial und ökologisch übertünchten MAI festhalten, das sie nun mit einer "Charme-Offensive" propagieren. Trotzdem setzen dieser Übermacht die - u. a. in der "Peopies Global Action (PGA)" - international vernetzten Bewegungen sowohl Protestaktionen als auch Alternativen entgegen. Sie reichen von konkreten Entwürfen für eine Kontrolle der "Global Players" (BIAC, ERT, ICC ... ) bis hin zum Aufbau dezentraler Subsistenzwirtschaften.

Claudia von Werlhof forderte kürzlich bei einem Strategieseminar in der Salzburger Zukunftsbibliothek dazu auf, gegen ähnlich orientierte Vertragsprojekte z. B. TEP zwischen USA und EU -, aber auch generell der Politik von IWF, GATT und anderen globalen Institutionen weiter Widerstand entgegenzusetzen. Und dazu liefert dieses Buch eine Menge von Hintergrundinformationen, Aktionsbeispielen und Kontaktadressen.


M. Rei.

Lizenz zum Plündern. Das Multilaterale Abkommen über Investitionen M.A.I. Globalisierung der Konzernherrschaft - und was wir dagegen tun können. Hrsg. v. Maria Mies ... Hamburg: Rotbuch-Verl., 1998. 229 S., DM / sFr 24,80 / ÖS 181,-