Leitfaden für ein zukunftsfähiges Deutschland

Ausgabe: 1997 | 1

"Die Menschen spüren, daß sich viele Probleme immer stärker zuspitzen, ohne daß die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik auch nur den Eindruck erwecken, sie könnten diese Probleme noch lösen", meint der Autor, er ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift" Publik-Forum". Mehr noch: Viele Politiker würden ihren Wählern immer und immer wieder alte Rezepte verkaufen, selbst wenn aus dem Krankheitsbild der Gesellschaft längst abzulesen sei, daß der Patient darauf nicht mehr reagiert. Beispiel Arbeitslosigkeit: Trotz immer wieder neuer (alter) Maßnahmen - Sonderprogramme für Problemgruppen, strengere Verwaltung und konjunkturbelebende Impulse - ist dem Problem nicht Herr zu werden. Kesslers Analyse bescheinigt dem Problem Erwerbslosigkeit im Rahmen der Marktwirtschaft "absolute Normalität". Selbst bei einem Wirtschaftswachstum von 2,5% würde diese - aus sattsam bekannten Gründen - weiter ansteigen. Darauf gelte es, mit origineller Politik, einer Politik, die Neues wagt, zu reagieren. Kessler geht im weiteren auf die Probleme der Sozialversicherungen sowie die kontinuierlich sich öffnende Schere zwischen Arm und Reich ein und faßt seine Position in einer scharfen Kritik des Neoliberalismus zusammen. Doch er nennt darüber hinaus auch gangbare Wege aus der Misere: Als Bürger und Verbraucher, als Sparer und Arbeitnehmer hätten wir alle die Chance und Pflicht, zugunsten tatsächlich sozial und ökologisch ausgerichteter Marktwirtschaft zu wirken, ist der Verfasser überzeugt. An die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft ergeht der Appell, die schon vielfach dargestellten und im kleinen oft auch erprobten Vorschläge aufzugreifen, auch wenn sie keine Patentrezepte seien. Das Risiko von Neuerungen sei weit geringer als dasjenige, immer wieder alten Wein in neue Schläuche zu füllen. Kessler faßt seine Vorschläge für eine zukunftsfähige Gesellschaft in ,,10 Visionen für das 3. Jahrtausend" zusammen: Einführung einer sozialen Grundsicherung / Entkoppelung der Beiträge zur Sozialversicherung von den Lohnbeiträgen / Luxussteuern / Arbeitszeitverkürzung / Bürgergeld und negative Einkommenssteuer / Ökosteuer / Mitarbeiterwirtschaft / ethischer Umgang mit Geld / Spekulationssteuer / Solarenergie. Der Autor erhebt nicht den Anspruch, daß die dargestellten Vorschläge alle neu wären, er ist aber zurecht davon überzeugt, daß sie allesamt gut genug wären, Probleme zu lindern und Schäden zu mindern. Schon die schrittweise Umsetzung würde lohnen und weitere Innovationen in Gang setzen. Auf den Versuch kommt es an! W. W.

Kessler, Wolfgang: Wirtschaften im dritten Jahrtausend. Leitfaden für ein zukunftsfähiges Deutschland. Oberursel: Publik-Forum, 1996. 241 S.