Krisen bewirken weltgesellschaftlichen Umbruch

Ausgabe: 1994 | 3

Einen weltgesellschaftlichen Umbruch, von seinen Ausmaßen her der Periode zwischen 1914 und 1945 vergleichbar, konstatiert der Herausgeber dieses umfangreichen, insgesamt 18 Beiträge umfassenden Bandes und macht das Aufeinandertreffen mehrerer Krisen (Umweltkrise, Verschuldungskrise und Krise des „Fordismus") hierfür verantwortlich. Dem aufgrund der beschleunigten Globalisierung sinkenden Problemlösungspotential des Nationalstaats stellt der am Dt. Übersee-Institut tätige Wissenschaftler den längst nicht abgeschlossenen nationalstaatlichen Konsolidierungsprozess in der Dritten Welt gegenüber („Theorie der ungleichzeitigen Entwicklungen"); die Gefahr der Verstärkung irrationaler Ideologien sieht er vor allem in den krisengeschüttelten postsozialistischen Staaten (Vergleich des Russlands der 90er Jahre mit dem Weimar der 30er Jahre).

Ulrich Menzel, der Tertiarisierung, Globalisierung und Virtualisierung (Zunahme des Kapitalverkehrs und der Spekulation) als übergeordnete Trends der Weltwirtschaft ausmacht, nimmt eine neue „Welteinteilung" vor. Den OECD- und Schwellenländern als Erste Welt stellt er die rohstoffexportierenden Länder als neue Zweite Welt und den der Marginalisierung preisgegebenen" Rest" als neue Dritte Welt gegenüber.

Weiteren Beiträgen zur globalen Entwicklung Bernhard Moltmann etwa durchleuchtet den Begriff Weltgesellschaft aus soziologischer Sicht, Bärbel Meyer problematisiert die Globalisierung der Information insbesondere unter dem Aspekt der kulturellen Hegemonie der US-Unterhaltungsindustrie - folgen Erörterungen zu regionalen Umbrüchen In Ostasien (Rüdiger Machetzki). Lateinamerika (Gerhard Drekonja-Kornat) und Afrika (Robert Kappel). Soziale Gerechtigkeit als Leitbild der Weitmarktintegration am Beispiel des UN-Programms CEPAL für Lateinamerika (Lepoldo Marmora), Demokratie und Menschenrechte als regulative Idee einer WeItgesellschaft (Rainer Tetzlaff) sowie die Rolle und Chancen von NGOs hinsichtlich der Etablierung einer internationalen Zivilgesellschaft (Reinhart Kößler; Rodger Wegner) sind Themen eines dritten, "Prinzipien und Träger" einer Neuen Weltordnung erhellenden Abschnittes.

Zuletzt wird der Frage der Stärkung globaler politischer Institutionen nachgegangen: Die zukünftige Rolle der UNO im Bereich der Friedenssicherung (Peter J. Opitz) sowie die Problematik militärischer Interventionen (Lothar Brock / Tilmann Elliesen) werden dabei ebenso erörtert wie das Problem der" Institutionalisierung globaler Umweltprobleme" im  Rio-Prozeß (Georg Simonis) und die Rolle der internationalen Finanzinstitutionen im Kontext sich wandelnder entwicklungspolitischer Strategien (Joachim Betz).

H. H.

Umbruch in der Weltgesellschaft. "Auf dem Wege zu einer Neuen Weltordnung"? Hrsg. v. Wolfgang Hein. Hamburg: Dt. Übersee-Inst., 1994. 490 S. (Schriften d. Dt. Übersee-Inst., 27) DM 38,-lsFr 35,1 öS 297