Kreativität psychologisch und philosophisch ergründet

Ausgabe: 1995 | 2

Von den vielen Büchern über Kreativitätstechniken, die den Markt überschwemmen, unterscheidet sich dieser gewichtige Band von Karl-Heinz Brodbeck, Professor für Volkswirtschaftslehre in Würzburg und München, grundlegend: er liefert keine der (allzu)häufigen Rezeptsammlungen, sondern geht in Auseinandersetzung mit einem beachtlichen Korpus einschlägiger Literatur - dem Phänomen Kreativität psychologisch und philosophisch auf den Grund. Brodbeck gelangt dabei zum zentralen Element der "Achtsamkeit", das sich in den fünf Aspekten der kreativen Situation manifestieren kann: den Sinnesgegenständen, den Gefühlen, den Wahrnehmungen, den Bewegungsmustern und dem Denken.

Auf allen diesen Gebieten - und beileibe nicht nur im Denken - kommt es darauf an, sich bewußt für Offenheit zu entscheiden und damit den kreativen Prozeß zuzulassen, der jedem möglich, aber für keinen gleich ist. Freilich gibt es Hindernisse, die die Entfaltung der Kreativität hemmen: meist sind dies (bereits verinnerlichte) Routinen, die erkannt und verändert werden müssen. Das Buch führt der Reihe nach durch die verschiedenen Modalitäten der kreativen Situation - wobei dann doch dem Denken, seinen Gesetzen, Begrenzungen und Modellen der meiste Raum gewidmet wird -, analysiert mögliche Beschränkungen und will den Leser ermuntern, dabei seine je eigenen Kreativitätstechniken zu entdecken. Überlegungen zur Interdependenz von Körper, Denken und Gefühl, zu bewährten Veränderungsmethoden und über Formen sozialer Kreativität stehen am Schluß.

Das Buch bietet keine "schnellen Rezepte" für Kreativität, sondern ist eine Einladung, sich auf ernsthafte und tiefgehende, wohl auch anstrengende Arbeit an sich selbst einzulassen und so zu einer grundsätzlich kreativeren Einstellung zu gelangen.

W R.

Brodbeck, Karl-Heinz: Entscheidung zur Kreativität. Darmstadt: Wiss. Buchges., 1995. 393 S., DM 64,-/ öS 499,-