Konturen der Wissensgesellschaft

Ausgabe: 2001 | 3

Viel Wissenswertes über die „Wissensgesellschaft“ enthält der vorliegende Band, den der Organisationsberater und Zukunftsforscher Helmut Saiger (vgl. „Die Zukunft der Arbeit liegt nicht im Beruf.“ PZ 4/98, Nr. 456) und das Z_punkt-Team gestaltet haben. Thematisiert werden die Herausforderungen und Chancen der „Wissensgesellschaft“ für Unternehmen und Organisationen, die Arbeitswelt, das Bildungswesen sowie die Demokratie.

Die Menge der verfügbaren Informationen steigt exponentiell an. Bis 2003 werden weltweit mehr Informationen erzeugt werden als in den letzten 300.000 Jahren zusammen. Dem steht aber eine begrenzte mentale Verarbeitungskapazität des Menschen gegenüber. Und es geht auch nicht darum, immer größere Mengen an Informationen in immer kürzerer Zeit aufzunehmen, sondern darum, das Aufgenommene auch zu verstehen. Saiger folgert daraus: „Ein organisatorisches und persönliches Informationsmanagement bildet daher eine zentrale Herausforderung der Zukunft.“ (S. 16) Die Kunst bestehe darin, neue Informationen in brauchbares Wissen zu transferieren, mit eigenem Erfahrungswissen und Intuition zu verknüpfen und daraus Können und Kompetenz abzuleiten. Auf den Punkt gebracht: „Wissen ist die Fähigkeit zu handeln.“ (S. 12)

Die Ausstattung mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien ist für den Verfasser daher nur eine - und gar nicht die zentrale - Bedingung für ein gelingendes Wissensmanagement in Unternehmen. Im Bereich der „Wissensgenerierung“, also des Entstehens von Unternehmenswissen, nennt er u.a. Denk- und Zukunftswerkstätten, Quality Circles, Lernnetzwerke oder ein institutionalisiertes betriebliches Vorschlagswesen, im Bereich der MitarbeiterInnenentwicklung neben Fortbildungsseminaren und Coachings auch Innovationen wie Job Rotation, Fehlertoleranz, Bildungsgutscheine oder Auszeiten (Sabbaticals). Für die Aufbereitung von Wissen („Wissenskodifizierung“) schlägt der Organsiationsberater neben üblichen Datenbanken auch Dinge wie Best-Practice- oder Lesson-Learned-Sammlungen (letztere enthalten neben Erfolgen auch Misserfolge und Fehler, aus denen ebenso gelernt werden kann), sowie „Wissenslandkarten“ bzw. „Gelbe Seiten“, in denen aufscheint, wer im Betrieb über welches Wissen verfügt, vor. Für die Kommunikation des Wissens („Wissenstransfer“) nennt er neben den üblichen Fachkongressen auch Einrichtungen wie Talkrooms, Pizza-Runden, Open-Space-Veranstaltungen (in denen jedeR sein Wissen anbietet) oder auch Wissensmärkte (mit ähnlicher Intention). Faktoren wie persönliche „Chemie“, flache Hierarchien, Mitarbeiterbeteiligung und Eigenverantwortlichkeit spielen dabei selbstredend eine ebenso wichtige Rolle.

„Wie können Informationen so vorselektiert werden, dass nur die tatsächlich bedeutsamen den Adressaten erreichen?“ und „Wie können Informationen so aufbereitet werden, dass sie der Empfänger besser aufnehmen kann?“ Diese zwei von Saiger aufgeworfenen Fragen werden in der vorliegenden Publikation selbst ausgezeichnet „vorgelebt“.

Der Autor hat aus der Fülle an Literatur und Datenbanken, die es mittlerweile zum Thema gibt, das Wesentliche herausdestilliert - das gilt auch für die folgenden Kapitel zu „Arbeit“, „Bildung“ und „Bürger und Kommunen in der Wissensgesellschaft“. Und die grafische Aufbereitung mit vielen Schaubildern und Zweifarbenbdruck macht das Ganze zu einer angenehmen Lektüre. So seien Ihnen zuletzt einige der vom Organisationsberater gegebenen „Tipps gegen die persönliche Informationsüberlastung“ verraten, um sie weiter neugierig zu machen: „Da ohnehin die meisten von einander abschreiben und den ‚Mainstream’ bevorzugen, reichen oft fünf bis sechs Bücher oder Artikel, um das Wesentliche zu erfassen.“ „Persönliche Kommunikation ist anderen Formen der Informationsvermittlung fast immer überlegen.“ „Etwas nicht zu tun ist mindestens so wichtig etwas zu tun. Was würde wirklich passieren, wenn sie einmal ihre E-Mails nicht lesen?“ „Suchen Sie Muscheln mit Perlen ... Konzentrieren Sie sich auf Informationen, die einen echten Neuigkeitswert haben.“ Und: „Intuition ist für gute Entscheidungen oft wichtiger als Information.“ (S. 17) Viel Vergnügen beim Perlensuchen. H. H.

Saiger, Helmut: Konturen der Wissensgesellschaft. Fakten, Konzepte, Strategien. Hrsg. v. Z_punkt. Mitarb. Beate Schulz ... Essen: Z_punkt, 2001. 93 S. (Z_dossier; 1) DM 250,- / ca. sFr 221,- / öS 1.824,-