Inwastement

Ausgabe: 2018 | 3
Inwastement

Inwastement schreibt von Müll und Abfall

Die zwölf Beiträge des Sammelbandes leisteten 2014 einen Beitrag zur internationalen Tagung „Whose Waste, Whose Problem?“, nun wurden die interdisziplinären Ideen in gedruckter Form arrangiert. Thematischer Schwerpunkt liegt dabei stets auf von Menschen produziertem Abfall und den damit in Zusammenhang stehenden Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft. In vier Kapitel sind die Texte unterteilt: Dinge, die den Abfall bilden, Orte, die durch alltäglichen Abfall gekennzeichnet sind, Wege, die sich der Abfall sucht, und Zeiten, die sich der Abfall hält.

Atommüll in Deutschland

Dem zeitlichen Faktor widmet sich unter anderem der Herausgeber selbst, wenn er in seinem Beitrag auf den Umgang mit Atommüll in Deutschland eingeht. Jens Kersten attestiert der Bundesrepublik zunächst eine sozialpolitisch genuine Prägung durch die seit den 1970er Jahren andauernden Proteste bezüglich der Nutzung von Atomkraft. Identifikationsfigur für den Widerstand gegen die Kernenergie und dementsprechend Widersacher par excellence war dabei der „Atomstaat“ – Robert Jungk prägte diesen Begriff 1977. Gerade vor diesem Hintergrund und aufgrund der politisch höchst umstrittenen Zwischen- und Endlagerung von radioaktiven Abfällen vollzog Deutschland mit dem „Standortauswahlgesetz“ 2013 einen politischen und rechtlichen Paradigmenwechsel. Den verfassungsrechtlichen Rahmen und die Regelungsstrategie des Gesetzes stellt der Rechtswissenschaftler Kersten detailliert vor, um dann eine verfahrensrechtliche Diffusion atomarer Verantwortung zu konstatieren: Der Staat möchte nicht wieder Adressat der Proteste werden und verschiebt daher die Verantwortung auf Vertreter aus Wissenschaft, Unternehmen, Gewerkschaften, Kirchen und Umweltverbänden. „Im Augenblick wissen die Gegnerinnen und Gegner der Kernenergie und einer nichtrückholbaren Endlagerung hochradioaktiver Atomabfälle noch nicht, wo sie demonstrieren sollen (...) Die atomare Verantwortung ist im gegenwärtigen Standortkriterienverfahren so diffus verteilt, dass der Protest noch keinen Ort gefunden hat“. (S. 284) Darüber hinaus lässt sich nach Kersten für die Endlagerung hochradioaktiven Atommülls auch nach dem Standortauswahlgesetz kein Fazit ziehen: „Der Grund hierfür liegt im Ziel des Gesetzes, für eine Million Jahre und damit für das größte Inwastement zu planen, das die Menschen hinterlassen werden.“ (S. 284)

Inwastement: vielschichtiger Sammelband

„Inwastement. Abfall in Umwelt und Gesellschaft“ versammelt Beiträge aus den verschiedensten Disziplinen. Von Haus- und Industriemüll über Kohlenstoffdioxidemissionen und Verschmutzung der Ozeane bis hin zu Recycling und atomare Endlagerung. Somit eröffnet der Sammelband unterschiedliche Perspektiven auf das vielschichtige Themenspektrum der Abfallforschung.

 

Bei Amazon kaufenKersten, Jens (Hg.): Inwastement – Abfall in Umwelt und Gesellschaft. Kulturen der Gesellschaft (Band 16). Bielefeld: transcript Verlag, 2016, 338 S., € 29,99 [D], € 30,90 [A]; ISBN 978-3-8376-3050-3