Güterverkehr in der Region

Ausgabe: 1996 | 4

Der städtische Verkehr steckt in der Krise. Oder besser: im Stau. Sowohl hinsichtlich der Lärm- und Abgasemissionen als auch durch den überproportionalen Raumanspruch von LKWs und Lieferwagen trägt der motorisierte Güterverkehr in der Stadt wesentlich zu dieser Krise bei. Und doch ist er zugleich auch ihr Opfer, da sich die Transportzeiten als Folge des gestiegenen Gesamtverkehrs erhöhen und Liefertermine immer schwerer einzuhalten sind. Die Autoren dieses Bandes, Verkehrswissenschaftler, Stadtplaner sowie Vertreter von Logistikunternehmen, suchen nach Auswegen aus diesem Dilemma.   Die Darlegung zukünftiger Anforderungen an die Transportwirtschaft, zusammengefaßt im Bedeutungszugewinn des “Zeitmanagements" (Just in Time-Produktion, verringerte Fertigungstiefe) folgen Prognosen über das zukünftige Güterfernverkehrsaufkommen in der BRD. Die Berechnungen lassen für Umwelt und Klima nichts Gutes erhoffen. Unter Beibehaltung der derzeitigen Rahmenbedingungen (z. B. Treibstoffpreise) wird allein für den Güterverkehr bis 2010 eine Steigerung der Verkehrsleistung um 64 % (ßasisjahr 1988) erwartet, was bei gleichzeitig prognostizierter Abnahme der Bahntransporte zugunsten des LKWs einen Mehrausstoß von C02 um 52 % gegenüber 1988 bedeutet. Selbst im „Verminderungsszenario" , das u. a. von einer Verteuerung der Dieseltreibstoffe merklich über der Inflationsrate sowie von Wettbewerbsverbesserungen auf Seiten der Bahn und des Schifffahrtsbetriebs ausgeht, wird noch mit einer Steigerung der C02-Emissionen um über 23 % gerechnet (das Toronto-Ziel läßt grüßen I). Daß angesichts solcher Prognosen umweltengagierte Verkehrsplanerinnen nicht gleich das Handtuch werfen, sondern weiterhin nach Alternativlösungen suchen, ist ebenso bewundernswert wie wichtig. Als Beispiele für solche Alternativen werden in diesem Band u. a. vorgestellt: Optimierungen im kombinierten Güterverkehr Straße/Schiene, der Ringzug Rhein-Ruhr als Distributionsmodell eines regionalen Schienengüterverkehrs, der Ausbau von Güterverkehrszentren (GVZ) und Citylogistik, das Konzept von CargoTrams zur Entlastung der Innenstädte (realisiert in Kassel) sowie die Wiederbelebung des Zustellservice für private Haushalte (Versuch der Wuppertaler Stadtwerke) Sollen diese unterstützenswerten Projekte jedoch nicht Sysiphos-Arbeit bleiben, so brauchen wir Umsteuerungen auch auf der Makroebene durch eine wieder forcierte .Raumbindung der Ökonomie". Daß regionale Wirtschaftskreisläufe keinen Rückschritt in vormoderne Zeiten bedeuten müssen, sondern zum Standortfaktor der Zukunft avancieren könnten (Integration von Produktionsstätten, Zulieferern und Dienstleistern), legt Markus Hesse, einer der Herausgeber, in einem abschließenden Beitrag anschaulich dar. H. H.

Güterverkehr in der Region. Technik, Organisation, Innovation. Hrsg. v. Hans Boes ... Marburg: Metropolis, 1996. 432S.