Grenzüberschreitende Interaktion grüner Parteien in Europa

Ausgabe: 1998 | 2

Mit einem eher selten bearbeiteten Forschungsgegenstand befaßt sich der Politologe Thomas Dietz in seiner für die Buchveröffentlichung leicht überarbeiteten Dissertation: Den europapolitischen Vorstellungen der Parteienfamilie der Grünen und den Strukturen ihrer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Dietz skizziert den schwierigen Weg der Zusammenarbeit grüner Parteien in Europa von Anfang der siebziger Jahre bis Mitte der neunziger Jahre. Schonungslos deckt der wissenschaftliche Mitarbeiter der Grünen-Landtagsfraktion in München die strukturellen und personellen Defizite der Grünen auf europäischer Ebene auf. Lange Zeit habe die europaweite Interaktion ad-hoc-Charakter gehabt und sei auf nationale Themen ausgerichtet gewesen. Es habe nur wenig personelle Kontinuität gegeben. Zudem hätten basisdemokratische und antibürokratische Orientierung grüner Parteien eine Verfestigung der Interaktion verhindert. Erste institutionelle Versuche mißlangen. Sowohl die 1979 gegründete ”Platform of ecopolitical action for a peaceful change of Europa" (P.EAC.E.)als auch die 1980 ins Leben gerufene "Koordination der grünen und radikalen Parteien" (KGRP) scheiterten.

Erst mit der Gründung der”European Green Coordination" (EGC) im Jahr 1983 verstetigte sich die Zusammenarbeit. Den Grad der Kooperation wesentlich erhöht habe die parlamentarische Arbeit der diversen Grünen-Europafraktionen. Welchen Grad grenzüberschreitender Zusammenarbeit die grünen Parteien in Zukunft erreichen werden, ist nach Ansicht Dietzs noch offen. Er kommt zu dem Schluß, daß entscheidende Schritte in Richtung einer europäischen Partei erst dann zu erwarten sind, wenn das europäische Parlament gestärkt, einheitliche europäische Wahllisten geschaffen und eine echte europäische Regierung installiert werden.

Die wohl eher dem interessierten Fachmann zugängliche Arbeit beschreibt eindrucksvoll die Geburtswehen einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit grüner Parteien in Europa. Diskussionswürdig aus Sicht des Rezensenten ist freilich die Annahme des Autors, daß eine zentralisierte und bürokratisierte Europäische Union als Bundesstaat und eine nach diesem Muster ausgebildete institutionalisierte Europäische Grüne Partei tatsächlich einen Beitrag zur Lösung der sozialen und ökologischen Probleme in Europa leisten kann.

E.H.

Dietz, Thomas: Die  grenzüberschreitende Interaktion grüner Parteien in Europa. Opladen: Westdt Verl., 1997. 316 S., DM 68, - / sFr 57,65/ öS 530,40