Globaler Widerstand

Ausgabe: 2002 | 4
Globaler Widerstand

Globaler Widerstand und die Suche nach Alternativen im globalen KapitalismusBeginnend mit dem gemeinsamen Widerstand gegen das Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) Ende 1997 über Seattle im Herbst 1999 und Genua im Juli 2001 wird der enorme Mobilisierungsschub der globalisierungs-kritischen Bewegung sichtbar. Hierzulande meist vereinfa-chend als „Globalisierungsgegner“ bezeichnet, richtet sich der Protest gegen globale Konzerne bzw. gegen die Kon-zentration von Konzernmacht sowie gegen die neoliberale Umverteilung (von der öffentlichen in die private Hand). Das diffuse Unbehagen über die Liberalisierung der Märk-te mündet im internationalen Netzwerk gegen transnationale Konzerne, gegen die World Trade Organization (WTO), gegen den Internationalen Währungsfond (IWF) und die Weltbank. Es geht dabei aber nicht nur um Protest, sondern um den Entwurf einer „anderen möglichen Welt“. Das Neue dieser Protestbewegung ist „der Aufbruch zu einer gemeinsamen Interpretation von Globalisierung, die die Widersprüche des Neoliberalismus aufdeckt“ (S. 10).

Der vorliegende Sammelband ist dem Ziel einer differenzierten Analyse der transnational vernetzten Protestgemeinde und der Beschreibung neuer Aktionsformen überzeugend nachgekommen. Es geht sowohl um die Verände-rungen der gesellschaftlichen Verhältnisse und die Formen weltweiter Regulation aufgrund der Durchsetzung neolibe-raler Strategien als auch um die Chancen internationaler Netzwerke und Kampagnen. Die Herausgeber bemühten sich, die verschiedenen Facetten der Mobilisierung auch aus Sicht der globalisierungskritischen Akteure sowie die Vielschichtigkeit der transnationalen Netzwerke aufzu-zeigen.

Elmar Altvater referiert etwa über Global Governance und die Idee der globalen Geoökonomie an Stelle der Geopolitik und Geostrategie (Geopolitik mit binärer Logik von Freund und Feind). Unter Geoökonomie versteht er die Vielfalt des Wettbewerbs, bei der es Konkurrenten, aber keine Feinde geben würde. Altvater plädiert für eine demokratische Kontrolle der Finanzmärkte und sieht im übrigen im transnationalen Protestnetzwerk die Chance einer alternativen Globalisierung.

Neben einem Appell für eine zivilgesellschaftliche euro-päische Mobilisierung (Pierre Bourdieu) stehen Rückblicke und Ausblicke auf die Bewegung (Dieter Rucht), eine Analyse über die zapatistische Suche nach neuen Formen radikaler Politik in Mexiko (Ulrich Brand). Weitere Bei-träge sind u. a. der Entstehung und dem Profil von ATTAC, dem Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der internationalen Finanzmärkte (K. Eskola und F. Kolb), den Erfolgsbedingungen der Bewegung (Peter Wahl), dem „erlassjahr.de“, der Kampagne für Entschuldung (Jürgen Kaiser) gewidmet.

Der Band versteht sich als Antwort auf die vorschnelle Herabsetzung der Protestierenden als Globalisierungs-gegner. Es zeigt sich in den Beiträgen v. a. auch die neue Qualität der Protestgemeinde, der enorme Mobilisie-rungsschub. Nicht zuletzt wird auch die Rolle der Medien kritisch beleuchtet, der Zusammenhang von Globalisierung und Nachhaltigkeit (Friends of the Earth International als umweltpolitischer Teil der globalisierungskritischen Bewegung), aber auch die Kampagnenarbeit in Kriegsökonomien (Diamantenhandel in Angola) themati-siert.

Angesichts der meist oberflächlichen und einseitigen Medienberichterstattung ein wichtiger Band, der viele Facetten der neuen Aktionsformen berücksichtigt. A. A.

Bei Amazon kaufenGlobaler Widerstand. Internationale Netzwerke auf der Suche nach Alternativen im globalen Kapitalismus. Hrsg. v. Heike Walk ... Münster: Westfälisches Dampfboot, 2002. 221 S., € 20,50; ISBN 3-89691-515-0