Gewaltbereite Jungen – Was kann Erziehung leisten?

Ausgabe: 2001 | 2

"Eine gender orientierte Pädagogik zielt darauf, die Bedeutung der Kategorie Geschlecht für Jungen und Männer, Mädchen und Frauen zu reduzieren. Beziehungs- und Bindungsfähigkeit, Verantwortlichkeit und eine konfliktfähige Friedlichkeit sind konstituierende Elemente." (S 119) So beginnt die Lehrerin und Erziehungswissenschaftlerin ihre Definition der beiden für ihr Buch wesentlichen Termini „Engendering“ und „Degendering“.

Sich als Frau mit Gewalt und als Lehrerin mit Gewaltverminderung als Erziehungsaufgabe zu beschäftigen und dabei in den Begriffen Geschlecht, Gewalt und auch Erziehung die Verschmelzung von Privatem und Öffentlichem, den Bezug zu Gesellschaft und Geschichte (über das Individuelle hinaus) zu erkennen und in die Analyse mit einzubeziehen, formuliert die Autorin als ein prinzipielles Anliegen ihres Buches, das v. a. für Personen, die im psychosozialen Feld und/oder im Gesundheitsbereich tätig sind, empfehlenswert ist. Empfehlenswert deshalb, weil in einer didaktisch geeigneten Weise und so knapp wie für den inhaltlichen Rahmen sinnvoll, aber dennoch substanziell und auch für Nicht PsychologInnen gut verständlich, in zehn Kapiteln die wesentlichsten (Entwicklungs)faktoren, Ursachen und Folgen hinsichtlich dieses Themas dargestellt werden.

Gleich im ersten Abschnitt ist der männliche Hegemonialbegriff (auf sozialpsychologischen Grundlagen) definiert. In einem anderen entlarvt die Autorin durch ihre Analyse von alltäglichen Wiederholungen standardisierter Praktiken und Rituale die zentrale Funktion von (Geschlechter)fiktion und  mythos . Weiters wird eine knappe, aber informative Zusammenfassung gängiger Theorien über pathologischen Narzissmus gegeben und der rechtliche Kontext des Gewaltbegriffs unter die Lupe genommen.

Die Kapitel des zweiten Teils widmen sich vor allem einer Analyse gesellschaftspolitischer Determiniertheit schulischer Erziehung, haben aber andererseits auch die Vermittlung von wertvollen, weil sehr an der Praxis orientierten Ansätzen und Möglichkeiten der Gewaltprävention zum Inhalt. Dabei stehen u. a. Antiaggressionsprogramme, die auf psychologischen Aggressionsmodellen, kommunikationspädagogischen oder strukturell organisatorischen Theorien fußen, zur Diskussion. Chr. W.

Wölfl, Edith: Gewaltbereite Jungen – Was kann Erziehung leisten? Anregungen für eine gender orientierte Pädagogik. München: Reinhardt, 2001. 240 S., DM 39,80 / sFr 37,- / öS 291,