Gesellschaftstheorie und Technikbewertung

Ausgabe: 1991 | 4

Berger, Rainer: Politik und Technik. Der Beitrag der Gesellschaftstheorien zur Technikbewertung. Opladen: Westdeutscher-Verl., 1991. 486S., DM 68,-/sFr 57,60/ ÖS 530,40

Angesichts der empirischen Tatsache der Naturzerstörung durch gesellschaftliche Arbeit ist der Satz Jürgen Habermas'. die Produktivkräfte hätten ihre Unschuld verloren, in den letzten Jahren geradezu zum Programm technik- und industriekritischer sozialwissenschaftlicher Literatur geworden. Auch Bergers Studie beschäftigt sich mit der Vermittlung von Gesellschaft und Technik unter "ökologischen" Prämissen. Er geht der Frage nach, warum die gegenwärtigen politischen Institutionen nicht in der Lage sind, eine materielles Überleben der Gesellschaft zu sichern. Technik ist ebensosehr etwas Soziales, wie Gesellschaft technisch vermittelt ist. Dennoch blieb in der soziologischen und sozialphilosophischen Forschung die Frage der Technikbewertung bisher weitgehend ausgeklammert. Der Autor weist anhand der Theorien Spencers, Durkheims und Webers nach, warum die bürgerliche Soziologie "ökologisch blind" war und ist: eine die Umwelt ignorierende Markttheorie und eine technokratische Systemtheorie führen zur Beschränkung auf die Deskription des Bestehenden und nehmen der Politik ihren utopischen Gehalt. Eine solche Utopie stellt für Berger dagegen der Marxismus dar, allerdings erweist sich auch dieser als nicht technikkritisch, sondern verharrt auf der Ebene der Sozialkritik. Ebenso bieten neuere Metatheorien wie die Systemtheorie Luhmanns und die Diskurstheorie Haberrnas' kaum Ansätze zur Überwindung des gesellschaftlich-technischen Dilemmas der "ökologischen Krise".  Berger führt ideengeschichtlich schlüssig den Nachweis des Versagens bestehender Gesellschaftstheorien bei der Problematik der Technikbewertung. Was weitgehend fehlt, sind mögliche Ansatzpunkte für eine theoretische Neuorientierung.

Berger, Rainer: Politik und Technik. Der Beitrag der Gesellschaftstheorien zur Technikbewertung. Opladen: Westdeutscher-Verl., 1991. 486S., DM 68,-/sFr 57,60/ ÖS 530,40