Freizeitökonomie: Marketing von Erlebniswelten

Ausgabe: 1993 | 2

Vom "Versorgungshandel" zum „Erlebnishandel". vom „Konsumwohlstand" zum „Zeitwohlstand" bzw. von der "Geldkultur" zur „Zeitkultur" - so beschreibt der Autor und Herausgeber der vorliegenden Reihe, der an der Universität Hamburg lehrt und das B.A.T.-Freizeit-Forschungsinstitut leitet, Freizeittrends für die 90er Jahre. Die Freizeitunternehmen - im Buch als "weiße Industrie" bezeichnet - brauchen aber nicht um ihre Absätze fürchten: Dem vermehrten Rückzug ins Private (abzulesen etwa am gegenwärtigen Boom der Möbelbranche) und dem neuen Paradigma des „innengeleiteten Menschen" steht der Trend zur "durchorganisierten Freizeit" gegenüber, der sich in speziellen Freizeitzentren, in Wellness-Studios und Shopping-Centers oder in der Zunahme der sogenannten Aktiv-Reisen äußert. Opaschowski wartet mit zahlreichen Erhebungen zum Freizeitverhalten der Deutschen auf, er vergleicht etwa die Vorlieben der Westdeutschen mit denen der Ostdeutschen und deren Angleichung nach der Wende, er durchleuchtet die „Erlebniswelten" der Wohlstandsgeneration und führt ein in neue soziologische Begriffe wie "hopping", "switching" oder "zapping". Der" Freizeitpapst" findet zuweilen kritische Anmerkungen (etwa bezüglich Ethikverfall und Umweltzerstörung durch Konsumauswüchse), ist aber überzeugt (vielleicht sogar fasziniert?) von der Freizeitgesellschaft. Fragen etwa nach einem ökologie- und sozialverträglichen sowie weltsolidarischen Paradigmenwechsel kommen nur am Rande vor. Der etwa von der Kritischen Theorie herausgearbeitete Zusammenhang von sinnentleerter Arbeit und Konsumverhalten wird überhaupt nicht diskutiert. Bleibt zu hoffen, daß der nächste Band der Reihe - er ist dem vielversprechenden Thema "Futurologie von Arbeit und Freizeit" gewidmet - dies nachholen wird. Vielleicht für PRO-ZUKUNFT-Leserlnnen von besonderem Interesse: Die Lesekultur wird wohl an Tiefe verlieren, das Buch als Freizeitfüller aber weiterbestehen. Dem "Bodybuilding" vergangener Tage wird das "Mental-Jogging" von morgen folgen; es soll uns geistig fit halten bis ins hohe Alter! H. H.

Opaschowski, Horst W: Freizeitökonomie: Marketing von Erlebniswelten. Opladen: Leske + Budrich, 1993. 306 S. (Freizeit- und Tourismusstudien; 5), DM 39,80 / sFr 33,80/ öS 310,50