Europäischer Grundvertrag 2002

Ausgabe: 1997 | 2

Als Deutschem mit griechischer Herkunft ist dem Autor die Auseinandersetzung mit europarelevanten Fragen quasi in die Wiege gelegt. Gemäß seiner Weltanschauung - er ist Mitglied im Bundesvorstand der FDP - greift Chatzimarkakis eine alte liberale Forderung neu auf: Die Annahme einer europäischen Verfassung. Die Wirtschaftsunion werde einen "Spill-over-effect" zeitigen und es sei daher nur eine Frage der Zeit, bis die politische Einigkeit folge. Da die EU noch keine Rechtspersönlichkeit besitze, zahlreiche Verordnungen im EG-Vertrag bereits obsolet seien und rechtliche Grundsätze wie das Demokratieprinzip fehlten, sei im Sinne der zukünftig weiter wachsenden Union bis zum Auslaufen des EGKS-Vertrages anno 2002 eine grundlegende Umgestaltung und Vereinfachung der Verfassung vonnöten. Der Vertrag von Maastricht habe wegen des großen Harmonisierungsdrucks enormen Frust erzeugt. Durch Dezentralisierung auf Subsidiaritätsbasis solle nunmehr Bürgernähe revitalisiert werden, um das übergeordnete Integrationsziel nicht zu gefährden. Körperschaften der unteren Ebenen, wie Regionen und Kommunen, solle die Finanzhoheit obliegen, wodurch die Verwendung von Steuergeldern transparenter gemacht werde. In puncto Integration schwebt dem Autor eine gestaffelte Form auf Basis zweier Pfeiler vor: Die supranationale Säule beschäftige sich mit Fragen, die Frieden, Freiheit und Wohlstand betreffen. Er regt dabei die besondere Hervorhebung der Menschenrechte, die Bildung eines europäischen Kartellamts und das Streichen bestehender Subventionen als wesentliche Änderungen an. Daneben seien in intergouvernementaler Hinsicht "Allianzen des Fortschritts" in Bereichen wie Umwelt-, Sicherheits- und Asylpolitik denkbar. Hierbei kämen auch Nicht-Mitglieder zum Zug. Dies stelle einen Anreiz für einen späteren Beitritt dar und sei den Ländern Ostmitteleuropas zu offerieren. Die EU in ihrer derzeitigen Form brauche das "Fitness-Programm" der Osterweiterung. Diese Ansicht untermauert auch Ralf Dahrendorf mit seinem Kommentar. Georgios Chatzimarkakis vertritt über weite Strecken bekannte Gemeinplätze und forciert gewissermaßen die Quadratur des Kreises, indem er zugleich die Vertiefung und Erweiterung der EU einfordert. Dennoch gelingt es ihm immer wieder auch. seine Begeisterung für die "Idee Europe" auf den Leser zu übertragen. B. E

Chatzimarkakis, Georgios: Europäischer Grundvertrag 2002: Für ein Europa der Freiheit. Bann: Bouvier-Verl., 1996. 228 S.,DM 34, - / sFr 35, - / öS 265