Eine neue Generation

Ausgabe: 2014 | 2

 

Hanna Beitzer ist Jahrgang 1982 und interessiert sich für Politik. In dem Buch „Wir wollen nicht unsere Eltern wählen“ versucht sie ein Portrait ihrer Generation zu zeichnen. Genauer gesagt sind die politischen Ausdrucksformen ihrer Generation ihr Thema. Denn diese Formen werden oft nicht verstanden oder von Älteren gering geschätzt.

Gleich zu Beginn muss Beitzer klarstellen, dass sie nur für einen Teil der jungen Menschen sprechen kann, denn nur ein Teil äußert sich politisch. „Fakt ist, dass das politische Engagement nicht gleichmäßig über alle gesellschaftlichen Schichten verteilt ist. Aktiv und somit letzten Endes auch prägend ist bis heute eine bestimmte Bevölkerungsgruppe – diejenigen, die Zeit haben, sich zu engagieren, die Informationen aufspüren und verarbeiten können und die selbstbewusst sind, Forderungen vorzutragen. 1968 waren das eben die Studenten, kritisch denkende Leute wie meine Eltern. Und heute sind das auch nicht die Leute, die nach neun oder zehn Jahren Schule mühsam einen Ausbildungsplatz suchen müssen und dann den Rest des Lebens arbeiten.“ (S. 21f) Daran haben auch neue Mitbestimmungsmöglichkeiten nichts geändert. Beitzer zitiert die Politikwissenschaftlerin Johanna Klatt, die festgestellt hat,  „dass unkonventionelle Beteiligungsformen wie Unterschriftensammlungen, Bürgerinitiativen, kritischer Konsum und Online-Protest in der Regel ungleicher verteilt sind als etwa die Teilnahme an Wahlen.“ (S. 22)

 

Das Scheitern der großen Entwürfe

Politik an sich hat einen schlechten Ruf. Beitzer nimmt als Beispiel einen Schulbesuch des Autors Wolfgang Gründlinger. Die Schüler machten ihm dort klar, dass sie sich nicht für Politik interessieren. Parteien und „die da oben“ waren kein interessantes Themen und unsympathisch. „Erst als es auf einmal nicht abstrakt um `die da oben´  ging, sondern um Castor-Transporte und den örtlichen CSU-Abgeordneten, kam Leben in die Schüler, hatten sie durchaus einen Meinung und auch Interesse.“ (S. 121)

Einen wichtigen Unterschied zwischen ihren Freundinnen und Freunden und der Elterngeneration sieht sie darin, dass das Denken in politischen Lagern nicht mehr übernommen werde.

Auch die Organisationsformen sind andere. Man habe sich nie als Teil einer „Bewegung“ verstanden: Über junge Menschen: „Sie vertrauen aus gutem Grund weder dem Markt noch einer politischen Ausrichtung. Sie vertrauen nur sich selbst.“ (S. 70)

Natürlich spielt das Internet eine wichtige Rolle in der Beschreibung der Generationenunterschiede. „In allen Fällen stehen Menschen und von Menschen geschaffene politische Systeme hinter den Entwicklungen, nicht ein technisches Werkzeug. Dennoch hat das Netz das Leben vieler Menschen natürlich grundlegend  verändert - und damit auch die Art und Weise, wie heute Politik gemacht wird.“ (S. 100) Die 68er hätten ihren Protest auf die Straße getragen, die Jungen tragen ihn ins Netz. Beitzer meint, dass die Piratenparteien diesen Protest nun vom Netz in die Politik tragen und dort den Generationenkonflikt deutlich sichtbarer machen. (S. 187)

 

Beitzer, Hannah: Wir wollen nicht unsere Eltern wählen. Warum Politik heute anders funktioniert. Reinbark bei Hamburg: Rowohlt, 2013. 187 S., € 12,99 [D], € 13,40 [A], sFr 19,48  ISBN 978-3-499-62247-2