Ein neuer wirtschaftlicher Aufschwung in Europa?

Ausgabe: 1993 | 1

Als Gegenthese zur (angeblich) herrschenden pessimistischen Grundstimmung will der Volkswirt Klaus Peter Möller seinen Ausblick auf die wirtschaftliche Zukunft Europas verstanden wissen. Im Zentrum steht dabei dem Titel zum Trotz - das vereinigte Deutschland. Der Reichtum der alten Bundesrepublik, so beweist uns der Autor, kann sich durchaus sehen lassen. Traditionelle Wohlstandsindikatoren (Pro-kopf-Einkommen, Wachstumsraten etc.) weisen ihr eine Spitzenposition innerhalb der OECD-Länder zu. Die aus der Vereinigung resultierenden Probleme kratzen zwar in jüngster Zeit am Image des Wirtschaftsgiganten. Einer ernsthaften Bedrohung könne aber durch eine Belebung der Investitionstätigkeit in den neuen Bundesländern und durch die strenge Anwendung von Produktivitätskriterien im Beschäftigungsbereich Einhalt geboten werden.   In der Befolgung ökonomischer Vernunft sieht der Verfasser auch den Schlüssel zu jenen "guten Jahren", die auf Europa zukämen. Denn folgt man Möllers Entkleidung des japanischen Wirtschaftsmythos und seiner Darstellung der (keineswegs aussichtslosen) US-amerikanischen Wirtschaftsmisere, dann scheint tatsächlich Europa jenes Fleckchen Erde zu sein, dessen Bewohner sich künftig im Wohlstand sonnen können. Zumindest einige von ihnen. Denn genau besehen trifft diese frohe Botschaft auf die Länder Osteuropas, auf die Türkei oder auf Ex-Jugoslawien nicht zu. Dort werden die guten Jahre noch etwas auf sich warten lassen, denn um die Entwicklung innerhalb des Binnenmarktes nicht zu gefährden, warnt Möller vor einer Erweiterung der EG. Daß die Zukunft Europas auch mit den Phänomenen Umwelt und Entwicklung zu tun haben könnte, beginnt der Autor gegen Ende seiner Prognose zu ahnen. Könne in einigen Bereichen auf technische Innovationen gehofft werden (z.B. neue Düngemittel, genmanipulierte Pflanzen), so seien die globalen Probleme (Klimaveränderung, Zerstörung der Ozonschicht) nur durch eine andere Form der Weltwirtschaft zu lösen - worauf Möller jedoch keine Gedanken verschwendet. 

Verglichen mit dem gewaltigen argumentativen Aufwand, mit dem das Buch den Bewohnerinnen Westeuropas ein neues Konsumparadies und ein Leben im Kreis der Wohlhabendsten prophezeit, bleiben die Aussagen zu den existenzbedrohenden Fragen der Zukunft leider oberflächlich und wenig hilfreich. G.S.  

 

Möller, Klaus P.: Vor uns die guten Jahre. Europa vor einem neuen wirtschaftlichen Aufschwung. München: Droemer Knaur, 7992. 221 S., DM 34,- / sFr 28,80/ öS 265,20