Die Revolution der Menschenrechte

Ausgabe: 2012 | 3

Es geht nicht darum zu bestimmen, welche Form des Regierens am stabilsten ist. Es geht darum, immer wieder die Rechte der Menschen neu zu deklarieren. Diesen Ansatz stellen die AutorInnen des Sammelbandes „Die Revolution der Menschenrechte“ in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen.

 

Zuerst zum Praktischen: Im Band finden sich kompakt zusammengefasst die wichtigsten Texte zur Entwicklung der Menschenrechte. Texte von Emanuel Joseph Sieyès, Edmund Burke, Thomas Paine, Jeremy Bentham und die Rede von Honoré-Gabriel de Riqueti und Graf Mirabeau vor der französischen Nationalversammlung vom 17. August 1789 sind nachzulesen und dokumentieren die von Anfang an kontroverse Entwicklung der Idee der Menschenrechte.

 

 

 

Menschenrechte und Tradition

 

In den weiteren Kapiteln des Buches konzentriert sich die Textauswahl auf den revolutionären Charakter der Menschenrechte. Die Herausgeber Christoph Menke und Francesca Raimondi wollen mit der Zusammenstellung ein besonderes Licht auf die Menschenrechte werfen, genauer gesagt den inneren, systematischen Zusammenhang zwischen den Begriffen der Menschenrechte und der Revolution darstellen. „Die Texte stammen aus Theorietraditionen, die im Unterschied zu Liberalismus und Republikanismus die Menschenrechte von ihrer Praxis und Politik her analysieren“ (S. 10). Den Herausgebern geht es zum Einen um den Akt der Erklärung der Menschenrechte, wodurch das Recht eine radikale Öffnung auf einen unabschließbaren Horizont seiner Reflexion und Tradition erfährt. Zum Zweiten sehen sie die Demokratie von Traditionen und Grenzen des Gemeinwesens gelöst und zum Medium der Menschenrechte weiterentwickelt. Zum Dritten folgern sie aus den Menschenrechten eine entgrenzte Form der politischen Teilnahme, der Partizipation.

 

Zu Wort kommen in diesen Teilen Autoren wie Ernst Bloch, Jürgen Habermas, Jacques Derrida, Michel Foucault. Etienne Balibar, Karl Löwith, Hannah Arendt und Jacques Ranciére, um nur einen Teil der Autorinnen und Autoren zu nennen.

 

 

 

Menschenrechte und Subjekt

 

Francesca Raimondi macht in ihrer Einleitung zum Kapitel über Demokratie die Grundposition der Herausgeber deutlich: „Vielmehr ist der Mensch der Menschenrechte nicht jenes festgelegte Wesen ( …), als den seine Kritiker ihn aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen beschrieben. Vielmehr ist der Mensch der Menschrechte selbst durch genau die Unbestimmtheit charakterisiert, die Marx gegen die Menschrechte reklamiert hat. In ihrer Praxis sind die Menschenrechte keineswegs die Reduktion des Menschen auf eine bloß natürliche, nackte, elende, bourgeoise Subjektivität, als die sie kritisiert wurde. Nicht nur sind die einzelnen Menschrechte niemals unstrittig gewesen – allen voran das Recht auf Eigentum (…); vor allem die mehr oder weniger offensichtlichen Partikularismen der Menschenrechte sind immer wieder Gegenstand der Kritik geworden (…). Diese Kritik geschieht dann selbst im Namen der ‘Rechte des Menschen’ (…). In ihr entfaltet sich daher eine den Menschenrechten und ihrer Erklärung immanente Dynamik, die zugleich auf eine andere ‘Politik der Menschenrechte’ hindeutet als jener politische Formalismus, den Marx kritisiert.“ (S. 377) S. W.

 

Die Revolution der Menschenrechte. Grundlegende Texte zu einem neuen Begriff des Politischen. Hrsg. v. Christoph Menke u. Francesca Raimondi. Berlin: Suhrkamp, 2011. 498 S., € 18,00 [D],

 

18,50 [A], sFr 25,20 ; ISBN 978-3-518-29588-5