Johannes Krause, Thomas Trappe

Die Reise unserer Gene

Ausgabe: 2020 | 2
Die Reise unserer Gene

Johannes Krause ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte und hat mit dem Wissenschaftsjournalisten Thomas Trappe ein spannendes Buch zur Besiedlung Europas geschrieben. Dank der erst in den letzten Jahren entwickelten neuen Möglichkeiten der Gentechnik gibt es eine Reihe von Erkenntnissen, die vor allem auf eine Tatsache hinweisen: „Wir alle haben einen Migrationshintergrund, und von ihm erzählen die Gene.“ (S. 8)

Die genetische Herkunft europäischer Menschen baut auf drei „Urpopulationen“, deren Ankunft und Leben im frühen Europa im Buch nachgezeichnet wird. Genetische Spuren haben Jäger und Sammler hinterlassen, die etwa vor 40. 000 Jahren in Europa eingewandert sind. Vor etwa 8.000 Jahren wurde diese Population von zuwandernden anatolischen Bauern zurückgedrängt, welche ihrerseits vor ca. 5.000 Jahren von Menschen aus der zentralasiatischen Steppe fast komplett ersetzt wurden.

Kulturelle Entwicklungen und Migrationsbewegungen wurden immer wieder durch externe Phänomene wie Klimawandel oder Krankheiten unterbrochen. Eine besondere Rolle für die europäische Geschichte spielt die Pest, die wohl schon vor 6.000 Jahren unter den Menschen wütete. Typhus, Lepra und später Syphilis haben ebenfalls für Jahrtausende das Lebensgefühl der Menschen geprägt. Am Ende des Buches warnen die Autoren, Parallelen zwischen der Geschichte der Besiedlung Europas und heutigen Herausforderungen mit Migration zu ziehen. Tatsächlich bedeuteten Masseneinwanderungen in frühen Zeiten große kulturelle und genetische Umbrüche. Aber ohne diese Geschichte wäre Europa nicht das, was es ist: „Die heute auf dem Kontinent lebenden Menschen sind somit das Produkt einer Jahrhunderttausende zurückreichendenden Mobilität, in der es stetig Austausch, Verdrängung, Kämpfe und sicher auch jede Menge Leid gab. Es gibt aber keinen Grund, die heutigen Europäer als Nachfahren der Opfer dieser Umbrüche zu betrachten.“ (S. 232) Migration wird es immer geben, und mit Blick auf den Klimawandel wird sie wohl zunehmen – eine große Herausforderung, welche die Menschheit jedoch seit Anbeginn begleitet hat.