Die Opposition in der DDR

Ausgabe: 1990 | 1

Diese Lagebestimmung der oppositionellen Bewegungen der DDR ist zeitgeschichtliches Dokument und Zukunftsmanifest zugleich. Es stellt Texte, Programme und - soweit vorhanden - auch Statuten der gegenwärtig maßgeblichen Kräfte zusammen, die angetreten sind, um dem Land nach 40 Jahren stalinistisch geprägter Diktatur eine demokratisch legitimierte, pluralistische Zukunft zu sichern. Interviews mit führenden Vertretern des" Neuen Forum". der SDP/SPD, der Bürgerbewegung "Demokratie Jetzt" und des "Demokratischen Aufbruch" stehen neben der Erklärung einer Gründungsinitiative für eine Grüne Partei. Ergänzende und unterstützende Texte u.a. von Christa Wolf, Friedrich Schorlemmer und den Dresdner Staatschauspielern, Auszüge aus einer "Europäischen Hausversammlung" mit Erhard Eppler während des Evangelischen Kirchentages (1989) sowie Hintergrundinformationen über die Entwicklungen in Leipzig und Dresden runden das Bild ab. Die hervorragend aufbereitete Dokumentation, vor allem aber die vom Herausgeber mit größter Sachkompetenz geführten Interviews, die Entwicklungen bis Mitte November 1989 berücksichtigen, lassen neben programmatischer Vielfalt zweierlei erkennen: Spekulationen um einen Anschluss an die BRD werden übereinstimmend als "glitzernde Kolonialisierung" verworfen, steht doch zu befürchten, im "gesamteuropäischen Haus zur Mülldeponie des Kapitalismus" zu werden. Dagegen gilt es, die „historische Existenzberechtigung" auf neuer Grundlage zu sichern. Ludwig Mehlhorn von der Bürgerbewegung "Demokratie Jetzt": "Wir brauchen (...) Visionen, die in die Zukunft greifen, wir brauchen für die Veränderungen, die anstehen, politische Phantasie und einen weiten Horizont, aber wir brauchen gewiss nicht ideologisch verpackte Utopien." DDR: Opposition Demokratiebewegung

Die Opposition in der DDR. Entwürfe für einen anderen Sozialismus. Rein, Gerhard (Hrsg.). Berlin: Wiehern-Verl. 1989. 239 S., DM 24,- / sFr 20,30 / öS 187,20