Die Angststarre der Österreicher

Ausgabe: 2018 | 2
Die Angststarre der Österreicher

Abrechnung mit der Angststarre der ÖsterreicherIhre Informationsblase ist größer als ein Schrumpfschlauch? Ihr politisches Gedächtnis enthält Namen wie Erwin Ringel oder Alfred Dallinger? Die Analysen politischer Kommentatoren wie Anton Pelinka und Peter Filzmaier sind Ihnen halbwegs geläufig? – Nein, letzterer logiert nicht im ZiB2-Studio, soviel erfahren Sie in diesem Buch! Dann sind Sie politisch ohnehin auf Trab, und „Bewegt Euch!“ wird Sie kaum weiterbewegen.

Die Analyse ist stimmig, die Stichworte sind dem gelernten Österreicher wohlbekannt: „globalisierte Produktionsweise“, „Sinnkrise der Politik“ (S. 9), „Christdemokraten und Sozialdemokraten, (…) die uns dorthin gebracht haben, wo wir heute stehen“ (S. 11), „sozialer Abstieg … [ist] Realität geworden“ (S. 16), „existenzielles Gefühl des Verlorenseins“ (S. 125), „Das Gefühl einer diffusen Angst macht sich breit“ (S. 141), „Wenn etwas schiefgeht, wird nicht in erster Linie nach den Ursachen geforscht, sondern diskutiert, wer dafür verantwortlich ist“ (S. 33), „die Ohnmacht der Massen … wird an ‚starke Männer‘ delegiert. Die Wut auf ‚die da oben‘ bleibt die selbe“ (S. 44), der „persönlich erlebten Machtlosigkeit (…) hatte die EU wenig entgegenzusetzen“ (S.49).

40 Vorschläge an die Politik

Der Titel erinnert an den Essay von Stéphane Hessel aus dem Herbst 2010, das soll er wohl. Auch Gusenbauers Sager vom „üblichen Gesudere“ mag einem in den Sinn kommen. Immerhin, diese „Abrechnung mit der Angsstarre der Österreicher“ formuliert und richtet 40 Vorschläge an die Politik. „Einführung einer progressiven Vermögenssteuer“, „clevere Arbeitszeitverkürzung“, „Bürgerversammlungen nach irischem Vorbild“, „Beschränkung der Amtszeit für regierende Politiker“, „Deutschkurse für alle Asylbewerber“, „Grundlegende Staatsreform“, „Psychotherapie auf Krankenschein“ –  7 aus 40, fast wie beim Lotto. Im Idealfall wäre alles möglich und sinnvoll; aber hierzulande wenig wahrscheinlich. Wünschen wird man sich noch was dürfen, auch „damit Diskussionen anregen. Menschen motivieren“ und „an die Courage jedes Einzelnen appellieren“ (S. 159).

In diesem Sinne eine Empfehlung des Rezensenten: Sparen Sie sich den Kaufpreis von € 19,95 und spenden Sie mindestens die Hälfte an die Initiatorinnen des anlaufenden Frauenvolksbegehrens. Mit dessen Unterstützung lässt sich gerade ganz konkret die von den Autoren geforderte Courage zeigen und Veränderungswillen beweisen.

Reinhard Geiger

 

Bei Amazon kaufenDeutsch, Christian; Knoll, Stefan, Landgraf, Thomas: Bewegt euch! Eine Abrechnung mit der Angststarre der Österreicher. Wien: Ueberreuter, 2017. 159 S., € 19,95 [D/A] ; ISBN 978-3-8000-7686-4