An den Rändern der Städte

Ausgabe: 2004 | 2

  Die in diesem Sammelband mitwirkenden Autor- Innen heben insbesondere einen Aspekt der aktuellen Armutsforschung hervor und konzentrieren sich auf Fragen der sozialräumlichen Polarisierung, die in den westlichen Großstädten nicht nur zu einer Verfestigung von Armutslagen, sondern auch zu einer spezifischen Ausprägung städtischer Armutsquartiere geführt haben. Wesentlich verantwortlich dafür machen sie die besondere Rolle der öffentlichen Hand, hier insbesondere der kommunalen Wohnpolitik, die sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend von den Aufgaben der Planung und der Steuerung der Entwicklung von Stadtteilen und Siedlungsräumen zurück gezogen hat. Diesem Steuerungsdefizit ist es demgemäß zu „danken”, dass die Entwicklung von Wohnumfeldqualität einer denkbar ungünstigen Eigendynamik und einer sozialräumlichen Polarisierung überantwortet wurde. Schieflagen in der Wohlstandsverteilung finden damit ihr Pendant in der Ausprägung von sozial entmischten Armutsquartieren, die gleichzeitig auch deutlich machen, dass die Fronten zwischen reichen und armen Stadtteilen sich tendenziell verfestigen, so dass die Perspektiven der BewohnerInnen von Stadtteilen sozialräumlich entscheidend mit bestimmt werden. Die „Brücken zwischen Ober- und Unterstadt“ werden demgemäß eng. Eher noch, so könnte in Umwandlung des Bibelzitats formuliert werden, fällt ein/e „BewohnerIn eines Wohlstandsquartiers“ durch die Wohlstandsmaschen und landet in Armutsverhältnissen, als dass ein/e BewohnerIn der Unterstadt die Barrieren der Wohlstandsverteilung meistert. Die AutorInnen zeichnen damit ein Bild der deutschen Städte, das an historische Kontexte der frühen Neuzeit erinnert. Gleichwohl wird damit aber auch deutlich, dass derart eindeutige Entsprechungen in den österreichischen Städten (noch) nicht vorgefunden werden können. Das mag wesentlich damit zusammenhängen, dass die österreichischen Städte mit Ausnahme von Wien eher klein gehalten sind und die kleinräumige Gliederung der österreichischen Landeshauptstädte einer übergreifenderen Quartiersentwicklung, wiesie in deutschen Großstädten beobachtet werden kann, entgegenwirkt. Noch kommt es in den österreichischen Städten jeweils nur in kleineren Siedlungszusammenhängen zu einer durchgängigen funktionalen Entmischung, die zwar als durchaus ernstzunehmende Anzeichen für eine drohende Abwärtsspirale anzusehen ist, ein umfassenderes Kippen von ganzen Stadtteilen aber (noch) eher unwahrscheinlich bleibt. H. Sch.

 

An den Rändern der Städte. Hrsg. v. Hartmut Häußermann … Frankfurt/ M.: Suhrkamp, 2004. 344 S., € 13,- [D], 13,40 [A], sFr 22,75 ISBN 3-518-12252-5