Das Ende der Armut

Ausgabe: 2001 | 3

Innerhalb des letzten halben Jahrhunderts seien eine halbe Milliarde Menschen aus der absoluten Armut herausgekommen. Die Armut sei weltweit etwa um ein Drittel zurückgegangen. Robin Marris ist damit nicht zufrieden („An der Vergangenheit gemessen, ist dies eine Leistung. Nach heutigen Standards ist dies aber viel zu wenig.“ S. 23), er sieht darin aber eine Bestätigung dafür, dass der eingeschlagene Weg der nachholenden Entwicklung der Länder des Südens der richtige ist. Globales Wirtschaftswachstum, eine Vervielfachung der öffentlichen Entwicklungsleistungen durch die reichen OECD-Staaten, ein weltweites Basisbildungsprogramm sowie eine Stabilisierung des internationalen Finanzsystems (u.a. über eine „Umsatzsteuer“ auf alle internationalen Finanztransaktionen) sind für den britischen Ökonomen die Eckpfeiler für einen Entwicklungsprozess, mit dem es gelingen müsste, die weltweite Armut bis 2050 zu überwinden. Die Versorgung mit genügend und sauberem Wasser, die gegenwärtig wiederum den Ärmsten verwehrt ist, könnte innerhalb einiger Jahrzehnte durch die „Erhebung einer Steuer von lediglich ein oder zwei Cent pro Dollar auf das Einkommen der bestverdienenden 20 Prozent der Ersten Welt“ (S. 137) finanziert werden. Da der Autor weiss , dass Regierungen wohl nie so eine Steuer einheben werden, schlägt er einen weltweiten, freiwilligen „Wohltätigkeitsfonds“ vor, um ein solches Wasserprogramm zu ermöglichen.

Marris verleugnet die aktuellen Probleme auf der Welt nicht - den Themen „Neue Armut“ und „Umwelt“ sind eigene Kapitel gewidmet - als Keynesianer und Anhänger der Philosophie des „Egalitarimus“ (so die Eigendefinition des Autors) glaubt er aber an die Erfolgsgeschichte der Industrialisierung und an das Modell des europäischen Wohlfahrtsstaates, den er als Vorbild auch für die Länder des Südens sieht. Vielleicht wird ihm die Geschichte, die über 100 Jahre nach Hegel und Marx noch immer ein dialektischer Prozess ist, einmal Recht geben. Zu wünschen wäre es, auch wenn die gegenwärtige Strategie der Weltausbeutung durch einige Großkonzerne einer unserer Sozialstaatsentwicklung korrespondierenden Zukunftsperspektive zu wider läuft. Aber Geschichte besteht eben auch in sozialen Kämpfe um Menschenwürde und Gleichberechtigung. H. H.

Bei Amazon kaufenMarris, Robin: Das Ende der Armut. Perspektiven für eine gerechtere Zukunft. Bern (u. a.): Haupt, 2001. 151 S.; DM 36,- / sFr 32,- / ATS 263,-